Tokio – Sie sind die letzte Bastion vor dem Super-GAU: Die namenlosen „Fukushima 50“.
Jene 50 tapferen Männer, die von 750 AKW-Mitarbeitern zurückgeblieben sind, um die nukleare Katastrophe zu verhindern.
Wie einst die Helden von Tschernobyl setzen auch sie ihr Leben ein.
Mit Taschenlampen kriechen sie durch dunkle Gänge, in ihren Ohren beben die Explosionen der überhitzten Reaktoren.
Sie atmen durch Schutzmasken, tragen schwere Sauerstofftanks auf dem Rücken.
Ihre weißen Ganzkörperanzüge schützen nur bedingt:
Die gefährliche Gamma-Strahlung der Radioaktivität dringt durch sie hindurch.
Betreiber Tepco weigert sich, die Namen der 50 Arbeiter preis zu geben.
Außer den AKW-Angestellten sind auch Feuerwehrmänner und Soldaten an ihrer Seite.
Angeblich blieben die Männer freiwillig in der Strahlen-Hölle.
Wie lange sie aushalten, ob sie müde oder schon krank sind, weiß keiner.
Verzweifelt versuchen sie, Meerwasser in die überhitzten Reaktoren zu pumpen und Brennstäbe zu kühlen.
Ein Himmelfahrtskommando. Fünf ihrer Kollegen starben seit dem Erdbeben.
22 wurden verletzt.
Zwei schluckte das Inferno der Reaktor-Explosionen in der Nacht zu gestern.
Ein Arbeiter brach im Reaktor unter Brustschmerzen zusammen.
Immer wieder müssen die „Fuku-shima 50“ ihre Arbeit wegen Wasserstoffexplosionen oder riesiger Strahlenwerte unterbrechen.
Zwar setzte Japans Gesundheitsministerium die gesetzliche Höchstgrenze der Strahlenbelastung für die Arbeiter von 100 Millisievert (mSv) auf 250 mSv herauf.
Doch selbst das wird überschritten.
„Wir gehen davon aus, dass die Strahlung dort bei etwa 400 Millisievert (mSv) pro Stunde in der Spitze liegt“, sagte Strahlenexperte Dr. Thomas Jung vom Bundesamt für Strahlenschutz unserer Zeitung.
Zum Vergleich: „Wir sind normalerweise 2–3 mSv pro Jahr ausgesetzt.
Der Münchner Strahlenbiologe Professor Edmund Lengfelder ist sicher:
„Diese Menschen werden für ihren Einsatz sterben“, sagte er im „heute-journal“.
Eine Strahlendosis von 400 mSv sei so hoch, dass die Hälfte der Menschen, die ihr 12 Stunden oder mehr ausgesetzt werden, „innerhalb der nächsten Wochen sterben werden“.
Laut Dr. Jung ist bereits nach 2,5 Stunden die kritische Grenze von 1000 mSv erreicht, bei der die akute Strahlenkrankheit eintritt:
„Es fängt mit Schwindel, Übelkeit und Erbrechen an.“
Langzeitschäden: „Das Krebs-Risiko steigt deutlich an.“
Halte die Bestrahlung an, „wird es lebensgefährlich.
Ab etwa 3 Sievert wird das Rückenmark geschädigt, es kommt zu inneren Blutungen.
Ab 6 Sievert tritt der Tod unmittelbar ein“, so Dr. Jung.
So nimmt die Regierung die Lebensgefahr der Männer in Kauf.
Aber das Werk zu verlassen kommt für sie nicht infrage.
Die Männer opfern sich für ihre Aufgabe, zum Wohle ihrer Landsleute.
Vielleicht rettet ihr Tod viele Japaner vorm Atom-Tod.
Dafür kämpfen die „Fukushima 50“ bis zum bitteren Ende.
Das Szenario erinnert an Tschernobyl vor knapp 25 Jahren.
Über 2000 Helfer starben.